Stadtparlament Marburg Dezember 2020

Deutlich früher als in den vergangenen Jahren — das erste Mal in dieser Wahlperiode einigermaßen pünktlich — fand am 11. Dezember die Haushaltsdebatte statt. Eins vorweg: der Haushalt wurde mit den Stimmen der ZiMT-Koalition verabschiedet. Es handelte sich auch um die einzige Aussprache. 

Hermann Uchtmann konnte an dieser Sitzung leider nicht Teil nehmen, von mir an dieser Stelle die besten Wünsche für die kommende Zeit und auf ein baldiges Wiedersehen! Als erstes sprach für die FDP/MBL-Fraktion die Fraktionsvorsitzende Lisa Freitag:

„2020 ist für uns persönlich aber auch für uns als Politiker ein besonderes Jahr gewesen. Die Entscheidungen waren schwierig. Aber nicht alle können richtig gewesen sein: Unsicherheit beim Thema Maskenpflicht in der Innenstadt, eine angebliche Sperrstunde für Glühweinverkauf — hier wurde bewusst Rechtsunsicherheit in Kauf genommen, das kann es nicht sein. Es geht in der Krise um proaktives Handeln des Magistrats. 

Aber wo bleiben gute, bedarfsgerechte Maßnahmen, um die Risikogruppen in der Stadt gezielt zu schützen? Boris Palmer aus Tübingen hatte hier innovative Ideen. Kostenlose FFP2-Masken für Senioren kommen demnächst erst, und das vom Bund. Taxis zum Nahverkehrspreis, ein innovatives Konzept für kostenlose Schnelltests: Fehlanzeige. Was passiert ist, sind die Checks für alle Bürger aus Steuergeldern: nur ein Wahlgeschenk des Oberbürgermeisters. 

Beim Thema Bildung lehnt man sich dagegen zurück. Corona offenbart die Missstände wie ein Katalysator. Mangelnde Bewegungsflächen, wir forderten schon vorher eine neue Sporthalle. BiBaP2 ist hier nur die Pflicht, nicht die Kür. Wir brauchen stattdessen eine Vision: die Marburger Schulen sollen die besten sein. Denn wir haben als reiche Stadt die ausreichenden Mittel mit unseren erfreulich konstant hohen Gewerbesteuer Maßnahmen. Auch wenn Land und Bund mal kein Geld geben, wollen wir Schulen, die modern und attraktiv sind — baulich und digital!“

In der zweiten Runde der doch sehr langen Aussprache meldete sich für uns Christoph Ditschler zu Wort: „Prognosen des Oberbürgermeisters aus seiner Einbringungsrede scheinen schon wieder veraltet. Die Staus sind ob Corona schon wieder da! Wir brauchen daher keine Fünfjahrespläne, sondern konkrete, sichtbare Erfolge für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Allein mit dem roten Farbeimer zur Kennzeichnung neuer Flächen für Radfahrer lässt sich keine effektive Verkehrspolitik betreiben.

In unseren Änderungsanträgen zum Haushalt fordern wir u.a. Geld für die Planung eines Behring-Museums. Einst ein mutiges Start-Up, heute Produzent für 500 Millionen Impfdosen zur Bekämpfung der aktuellen Pandemie — das gilt es zu würdigen. Schließlich kommt auch ein nicht unbeachtlicher Teil des Wohlstandes dieser Stadt durch die Gewerbesteuer der Behring-Nachfolgefirmen. Dies didaktisch und attraktiv zu gestalten, ist eine Aufgabe, der sich die Stadt zusammen mit den Standortfirmen stellen muss.“

In der dritten Runde resümierte Hanke Bokelmann über die vergangenen Jahre der ZiMT-Koalition: „2020 ist der erste pünktliche Haushalt in dieser Wahlperiode, aber damit leider auch der einzige. Ein großer Fortschritt, unser Dank geht an die engagierte Kämmerei. Inhaltlich kommt von der großen Koalition hingegen recht wenig. Die Pflichtaufgaben werden erledigt, in der Verkehrspolitik arbeiteten man rein virtuell: ein Kreisel am Kaufpark und der politisch schon tote Allnatal-Weg bleiben Hirngespinste, der Behringtunnel wurde auf die lange Bank geschoben. Gleiches gilt für die Einhausung der B3, hier ist seit 2014 nichts mehr passiert.

Was nach der abgewirtschafteten Koalition kommt bleibt hingegen fraglich: die Gräben zwischen Rot und Grün scheinen so breit wie beim Krach der großen Egos Kahle und Spies. Schwarz-Grün hingegen scheint nach den erzkonservativen Anwandlungen der CDU auch unmöglich. Wir hoffen auf eine Neuausrichtung nach der Kommunalwahl, zum Wohl aller Bürger dieser Stadt!“