Stadtparlament Marburg: Juni 2020
Am 26. Juni tagte die Stadtverordnetenversammlung das erste Mal seit dem Lockdown wieder in voller Stärke. An einem ungewohnten, aber praktikablen Ort: der Halle des BC Marburg in der Leopold-Lucas-Straße.
Am Anfang einer Tagesordnung stehen nach einigen Formalia so genannte Dringlichkeitsanträge: wir waren diesmal mit zweien von der Partie. Den ersten zogen wir zwar zurück, aber natürlich erst nachdem Christoph die Dringlichkeit begründen konnte: „Als Entscheidungsträger in unserer Universitätsstadt müssen wir bestmöglich informiert sein. Der Shutdown wird auch in unserer Stadt soziale und ökonomische Spuren hinterlassen. Hier spielt die Sparkasse Marburg-Biedenkopf eine wichtige Rolle: sie ist nicht nur eine der größten Beteiligungen der Stadt, sondern gilt auch als Marker der wirtschaftlichen Entwicklung. Inzwischen haben sich die Fraktionen im Stadtparlament aber darauf verständigt, dass nach den Sommerferien ein Vortragsforum mit verschiedenen Experten stattfinden wird.“
Mit unserem weiteren Antrag brachen wir wieder die weltweite Krankheit auf unsere Kommune herunter: die Verdopplung der städtischen Schulbudgets um die Schul-IT coronafest zu machen. Hierzu Lisa Freitag: „Corona hat auf die Schullandschaft wie ein Katalysator gewirkt. Eine Riesenschwäche hat sich in allem gezeigt, was mit Digitalisierung der Bildung zu tun hat. Wir können nicht so lange warten, bis das Land mit geeigneten Lösungen fertig ist. Die hessische Schulcloud ist es zumindest nicht. Hier muss die Stadt als Schulträger in die Bresche springen. Unser Vorschlag ist hier die Verdopplung der Schulbudgets. So können die Schulen vor Ort Kurzfristig individuelle Lösungen finden, welche für sie die besten sind. Dabei geht es nicht nur um Soft- oder Hardware sondern auch um Personal, was bei der Pflege der IT helfen kann. Leider zieht sich Stadträtin Dinnebier auf die mangelnde Zuständigkeit zurück, und sieht in der Stadt keinen Handlungsbedarf.“
Schon im Umwelt- und Verkehrsausschuss dominierend war die Debatte um den Masterplan Behring-Standort. Zwar gibt es weitgehende Einigkeit, was die Zustimmung angeht, jedoch wollten alle Nuancen setzen. Für uns sprach Christoph Ditschler: „Wir stehen zu den Pharmafirmen und den Beschäftigten in unser Stadt. Für uns ist der Masterplan eher ein Grundlagenwerk, das aber noch viele Fragen offen lässt. So hält der Straßenbau schon lange nicht mehr mit der Entwicklung Schritt. Seilbahnen und Gleisanschlüsse sind eher Träumereien, wichtiger sind sichere Radwege und eine bessere Anbindung an die Stadtautobahn. Der Behringtunnel oder ein anderer Straßenkorridor würde unsere Stadt deutlich lebenswerter machen. Aber nicht nur im Osten gibt es Probleme: zu gern vergisst die Marburger Politik ihre Nachbargemeinden. Gerade mit dem Lahntal am stärksten betroffener Kommune ist der Dialog zu vertiefen.“
Auch schon in der OP-Berichterstattung war der Klimaaktionsplan 2030, welcher eine konkretere Folge aus der Ausrufung des Klimanotstandes ist. Hierzu sprach Hanke Bokelmann für die Freien Demokraten: „Als einzige Fraktion lehnen wir die Vorlage ab. Hieraus zu folgern, wir wären gegen Klimaschutz, ist aber grundweg falsch. Wir halten bloß den Katalog der Maßnahmen für zu undurchdacht — und zu teuer. Der Tonne CO2 ist es nämlich relativ egal, wie sie eingespart wird. Aber auch wo, weswegen wir ja einen internationalen Zertifikate-Handel fordern. Es kommt auf den Preis pro eingesparter Tonne an. 130 Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre sind eine Stange Geld. Bemerkenswert, dass für die nächsten Jahre nur jeweils 1,3 Millionen Euro vorgesehen sind. Da bleibt doch der Verdacht, dass der Klimaaktionsplan ein ähnliches Schicksal erleidet, wie die vielen anderen städtischen Pläne. Sie lagern in Schubladen, niemand mag sich an sie erinnern — wie einst der Sportentwicklungsplan.“